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Demokratie und Manipulation im digitalen Zeitaltern

Welchen Einfluss können Hacker auf fremde Wahlkämpfe nehmen? Wie nutzen die Parteien und andere Akteure dies? Welche Gefahren gehen von Fakenews, Bots und Hatespeech für das politische/demokratische  Klima aus – und wie kann man sie bekämpfen? Kann man mit einer Charta diesen zentralen Bereich politischen Handelns zivilisieren und humanisieren? Der Netzaktivist Daniel Domscheit-Berg spricht darüber mit Jan Ehlert (NDR).

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Daniel Domscheit Berg

Lab Lecture #9

28.06.2017

Bucerius Law School
Jungiusstraße 6
20355 Hamburg

Mit Daniel Domscheit-Berg (Netzaktivist)
Moderation: Jan Ehlert, NDR

Reflexion

Fake News: Bezweifle alles, was anzweifelbar ist

Mit der Milch kamen die Zweifel: Als Jugendlicher hörte Daniel Domscheit-Berg, dass der Hersteller seines Lieblingsmilchgetränks eine nationalistische Partei unterstützte. Es folgte ein Boykott, bis Domscheit-Berg eine andere Nachricht erhielt: Alles war nur ein Gerücht. Frei erfunden.

In dieser persönlichen Anekdote zeigt sich das große Dilemma unserer Zeit: Was soll man glauben, wenn es zu jeder Nachricht auch das Gegenteil im Netz zu lesen gibt? Wem kann man glauben, welche Quellen sollte man lieber mit Vorsicht genießen? Und wie viel Zeit an Recherche muss man investieren, ehe man den nächsten Skandal brühwarm weitertwittert oder postet?

Mehr News, als man lesen kann

Das Internet hat unseren Medienkonsum massiv verändert. Pro Minute werden mehr als 100 Stunden Videomaterial auf Youtube hochgeladen, 19 Millionen WhatsApp-Nachrichten verschickt und 126 Millionen E-Mails geschrieben.

Die Zeit, in der das Fernsehen, frei nach Knut Hickethier, das „Fenster zur Welt“ war und die ARD-Tagesschau um 20 Uhr diese Welt erklärte, sind vorbei. Jede und jeder, der einen Internetanschluss besitzt, kann zum Sender werden und seine Sicht auf die Probleme unserer Zeit posten, bloggen oder streamen.

Information über alle Grenzen hinweg

Darin besteht zunächst einmal eine große Chance: Noch nie, so Domscheit-Berg, waren wir dem Prinzip der Demokratie tatsächlich so nah wie jetzt. Die Hierarchien innerhalb der Kommunikation sind abgeschafft, jede einzelne Stimme kann sich Gehör verschaffen. Hierin liegt die große Hoffnung, die das Netz mit sich bringt. Es sind, so Domscheit-Berg, keinerlei Grenzen mehr gesetzt, wie wir uns als Gesellschaft informieren oder über die Probleme der Welt diskutieren können. Die schöne neue Medienwelt.

Gleichzeitig aber liegt genau darin auch eine Pflicht zur Information. Wenn nicht mehr sicher ist, wer die Welt für uns einordnet, dann müssen wir es selbst tun. Müssen selbst abwägen, wem wir vertrauen, wessen Meinung wir glauben, bei wem wir uns informieren. Das aber bedarf einer Medienkompetenz, die viele von uns ganz neu lernen müssen. Sonst gewinnt zu oft der, der in dem Stimmengewirr am lautesten schreit.

Falsch, Herr Lehrer!

Einen Fehler sieht Domscheit-Berg hier schon im Bildungssystem. Noch immer gelte hier viel zu oft: Der Lehrer hat immer Recht. Doch welcher Lehrer kann schlauer sein als Milliarden Internet-Nutzer? Das Wichtigste, was Kinder lernen müssten, sei daher, alles anzuzweifeln, was zweifelhaft ist. Alles zu hinterfragen, was mit Meinungen, Überzeugungen oder Weltanschauungen zu tun hat. Also auch die Lehrerin oder den Lehrer.

FakeNews gegen die Leere in uns

Ein weiterer Grund, warum wir so anfällig für FakeNews sind, sieht Domscheit-Berg im Fehlen von Visionen. Parteiübergreifend sei kein großes Ziel für die Zukunft zu erkennen, kritisiert er. In einer Welt, die immer fragiler wird, in der die Digitalisierung jeden gesellschaftlichen Bereich umkrempelt, fehlt so nicht nur die Sicherheit, sondern auch der Sinn. Um diese Leere zu füllen, ist es so bequem, sich lieber über den nächsten Skandal aufzuregen, als über das eigene Leben nachzudenken. Auch – oder gerade – wenn dieser Skandal frei erfunden ist.

Die unbequeme Wahrheit: Nur wir selbst können uns aus dieser Misere befreien. Jeder und jede einzelne von uns müsse sich der Verantwortung stellen, sich über die Welt in der wir leben zu informieren – und entsprechend zu handeln, so der Appell von Daniel Domscheit-Berg. Die gute Nachricht: Alles, was wir dazu brauchen, ist bereits da – irgendwo in den unzähligen Websites, Artikeln und Youtube-Videos. Wir müssen uns nur die Mühe machen, danach zu suchen.

Vgl. hierzu: Keynotes von Marina Weisband, Kübra Gümüsay, Christoph Keese

Zum Diskutieren:

  • Welche Informationsquellen nutzen wir im Netz? Wie sehr vertrauen wir ihnen?
  • Gibt es Geschichten, die wir ungeprüft weitererzählen? Wie kann man sie überprüfen?
  • Ist es immer hilfreich, so viele Perspektiven wie möglich einzunehmen?
  • Welche Gefahren gehen von FakeNews aus?
  • Sollte es eine Art Qualitätssiegel für Nachrichten geben? Wer könnte dieses vergeben?
  • Nach welchen Kriterien beurteilen wir, was wir für glaubhaft halten?
  • Wie stark lassen wir uns dabei von unserer Filterbubble, bzw. von unserer Weltanschauung beeinflussen?
  • Welche Möglichkeiten haben wir selbst, uns in Diskurse einzubringen?
  • Welche Themen sind uns dafür wichtig genug?

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